Frei von Angst

Dr. med. A. Lechler

I. Angst – die Krankheit unserer Zeit

Nichts ist so allgemein wie die Angst. Man kann sie geradezu als die häufigste Krankheit ansehen. Sie ist so alt wie die Menschheit. Sie befiel schon Adam und Eva im Paradies und begleitet seitdem die Menschen durch die ganze Menschheitsgeschichte hindurch bis auf den heutigen Tag. Der Mensch der Gegenwart ist nicht weniger von Angst erfüllt, als der Mensch früherer Zeiten, ja die Angst ist heutzutage noch weiter verbreitet als damals, sie ist beim Hochzivilisierten ebenso anzutreffen wie beim Primitiven, beim Erwachsenen ebenso wie beim Kinde. Auch wenn der Mensch es sich nicht eingestehen mag, auch wenn er sich seiner Umgebung gegen über Gelassenheit und Ruhe auferlegt, packt ihn doch immer wieder die Angst. Selbst der wirklich Mutige muss bekennen, dass aller Mut letzten Endes überwundene Angst ist. – Aber nicht nur allgemein verbreitet ist die Angst, sondern sie ergreift auch den ganzen Menschen. Das ganze Seelenleben kann von ihr bis auf den Grund aufgewühlt werden. Aufgeregtheit und Gereiztheit, Gedrücktheit und Unsicherheit, Entschluss- und Konzentrations-Unfähigkeit, Menschenfurcht, Verzweiflung und Lebensüberdruss können die Begleiter der Angst sein. Selbst bis in seine Träume hinein verfolgt den Menschen die Angst, so dass häufige Schlafstörungen die Folge sind. Auch die Tätigkeit der inneren Organe, vor allem des Herzens, des Magens und Darmes, kann durch Angst erheblich gestört werden. Besonders die heute außerordentlich verbreiteten Herz- und Kreislaufbeschwerden sind größtenteils Folgeerscheinungen der Angst. Aber auch das ganze Nervensystem samt den inneren Drüsen mit ihren wichtigen Aufgaben im Körperhaushalt wird vielfach durch die Angst ungünstig beeinflusst. So können Blässe, Schweißausbrüche, Schwindelgefühl, Zittern, Stottern und andere körperliche Beschwerden auftreten, die den Menschen in seinem Wohlbefinden auf das Schwerste beeinträchtigen und schädigen. In der Tat – Angst ist schlimmer als jedes körperliche Leiden. So kann die ganze Lebensgestaltung des Menschen in entscheidender Weise von der Angst bestimmt werden. Wir sehen dies z.B. an einem Mann wie Saul, dem ersten König des Volkes Israel. In seiner Jugend war es die Angst vor der Wahl zum König, dann die eifersüchtige Furcht vor seinem Nebenbuhler David, dann die Furcht vor seinen Volksgenossen, vor den Philistern, vor dem Bescheid der Wahrsagerin, zuletzt die Angst, in die Hände der Feinde zu fallen. Sein Selbstmord war das folgerichtige Ende seines von Angst erfüllten Lebens. Und wie anschaulich schildert Sirach die Beherrschtheit des Menschen durch die Angst von der Geburt bis zu seinem Tode (Kap.40:1ff.)! Vielfach ist die Angst dem Menschen gar nicht bewusst. Aber seine Gedrücktheit, seine Unruhe und Hast, seine nervösen Beschwerden, seine Träume und allerhand
ungewöhnliche Zeichen sind oft nichts anderes als der Ausdruck seiner unbewussten Angst. Und doch – trotz dieser großen Bedeutung der Angst in seinem Leben scheut der Mensch sich, seine Angstgefühle anderen zu offenbaren, um nur ja nicht als Schwächling zu gelten. Wir setzen vor den anderen eine Maske auf und wagen nicht, uns auszusprechen, selbst Eheleute verbergen oft ihre Angst voreinander. So schleppen unendlich viele Menschen diese Last mit sich herum, ohne mit ihr fertig zu werden. Sehen wir uns die Angst in ihren verschiedenen Formen an, so können wir 4 Gruppen unterscheiden: Die Lebensangst, die schuldbedingte Angst, die ichhafte Angst und die krankhafte Angst. Eine solche Einteilung scheint mir zweckmäßig zu sein, um eine klarere Übersicht über das Wesen der Angst zu erhalten und die jeweils nötigen Schritte zu ihrer Überwindung zu unternehmen.


II. Die Lebensangst

Unter Lebensangst verstehen wir die Angst vor allem, was das Leben bedroht. Sie ist die häufigste Form der menschlichen Angst, denn sie ist der Ausdruck des jedem Menschen innewohnendem Selbsterhaltungstriebs. Wir alle sind in gleicher Weise dieser Angst ausgeliefert; denn wer könnte von sich behaupten, dass sein Leben nicht bedroht sei? Die Fortschritte der Wissenschaft und der Technik haben die Lebensangst des Menschen nicht etwa vermindert, sondern vielmehr gesteigert. Wohl in keiner Periode der Menschheitsgeschichte war unser Dasein so sehr gefährdet, wie dies heutzutage der Fall ist.

Der Inhalt der Lebensangst

Was ist nun eigentlich der Inhalt der Lebensangst? Sie umfasst die Angst vor den Schwierigkeiten und Leiden der Welt (aus diesem Grund wird die Lebensangst auch als Weltangst bezeichnet), die Angst vor den Anforderungen des Berufes, des Familien- und Ehelebens, denen man sich nicht gewachsen fühlt, vor Unglücksfällen und schweren Schicksalsschlägen, vor Naturgewalten, vor Gewittern und Erdbeben. Dazu kommt in manchen Ländern die Angst vor Verhaftung, vor Flugzeugentführungen, vor dem Verschleppt werden. Wie viele Menschen befinden sich heute auf der Flucht vor Gewalten, die ihnen nicht einmal das nackte Leben gönnen! Man empfindet ein Grauen vor den Verbrechen und Morden, die an der Tagesordnung sind. Oder es ist die Furcht vor einer langwierigen und unheilbaren Krankheit, besonders vor Krebserkrankung, die den Menschen nicht zur Ruhe kommen lässt; man glaubt, ein solches Leiden nicht ertragen zu können. Auch die Furcht vor bösen Nachbarn, vor schwierigen Vorgesetzten, die Angst vor dem Alleinsein, vor dem Dunklen und vor völliger Hilflosigkeit kann viele Menschen quälen. Die Unsicherheit der Zukunft, der wir entgegengehen macht dem heutigen Menschen in besonderer Weise zu schaffen. Er fürchtet, irgendeine Katastrophe, der man unentrinnbar ausgeliefert ist, könnte im Hintergrund lauern. Selbst wenn man sich in gesicherter Lage zu befinden scheint, kommt vielfach das entsetzliche Bangen hoch,
man könnte eines Tages alles, was man mühsam erworben hat, verlieren. Nicht nur der Mensch selbst, sondern auch seine Familie, seine Verwandtschaft, sein Volk werde einmal vergehen und „der Untergang des Abendlandes“ sei nicht mehr aufzualten. Diese Angst ist geradezu bezeichnend für unsere heutige Generation. Daher ist es nur zu natürlich, dass der Gedanke an einen dritten Weltkrieg, in dem die ferngesteuerten Raketen und Atombomben die Hauptrolle spielen, vielen Menschen keine Ruhe mehr lässt. Von Kennern der Weltlage wird ein solcher Krieg in absehbarer Zeit für durchaus möglich gehalten. Ebenso kann uns die Voraussage einer Bevölkerungsexplosion erschrecken: in 30 Jahren wird mit Bestimmtheit angenommen, wird die Weltbevölkerung nahezu das Doppelte der heutigen Zahl betragen; dadurch aber wird eine Hungersnot für unvermeidlich gehalten. Eine andere Gefahr, die die Menschen unserer Tage bedroht, ist die Luftverschmutzung. So haben Untersuchungen ergeben, dass in Großstädten, infolge der Luftverschmutzung durch bleihaltige Abgase, das Menschenleben um mehrere Jahre verkürzt wird. Einen breiten Raum nimmt besonders die Angst vor dem Sterben, vor einem schweren Todeskampf ein, der uns selbst oder unseren Angehörigen bevorstehen könnte. Daher haben wir unwillkürlich Hemmungen, einem Schwerkranken gegenüber vom Tod zu sprechen. Selbst der gottlose Mensch wird häufig das geheime Bangen nicht los, es könnte doch ein Leben nach dem Tode und einen Gott geben. Bei vielen Menschen spielt eine besondere Form der Lebensangst eine große Rolle: die Furcht vor geheimen Gewalten, die das menschliche Leben bedrohen. Sie fürchten dunkle Schicksalsmächte könnten ihnen Schaden zufügen, zumal wenn sie
von ihrem Wohlbefinden sprechen. Auf dieser Angst beruht das Tragen von Amuletten, das Beobachten von allerhand abergläubischen Gebräuchen, wie z.B. der Besuch bei Wahrsagerinnen, die Zuhilfenahme von Horoskopen, u.a.m. Der Mensch sucht hierdurch Aufschluss zu erhalten über sein Lebensschicksal, um seine Angst loszuwerden. Dass er dadurch vielfach erst recht in Angst gerät, wenn ihm eine ungünstige Auskunft gegeben wird, erkennt er zu spät. Bezeichnend ist die Tatsache, dass in jedem zivilisierten Land jährlich viele Millionen Geldeswert für Wahrsager und Kartenlegerinnen, für Sterndeuter und Hellseher ausgegeben werden. Besonders krasse Formen nimmt die Lebensangst in der Heidenwelt an. Da der sogenannte ‚Heide’ in seiner Furcht vor seinen Götzen lebt, wagt er sich bei Dunkelheit oft nicht aus seiner Wohnung heraus. Um seine Angst loszuwerden, sucht er durch allerhand Geschenke und Opfer die Gunst seiner Götter zu erlangen. So sehnt sich der Mensch nach einem Schlupfwinkel, in den er sich verkriechen kann, um nur nichts zu sehen und hören zu müssen von der rauhen Wirklichkeit, die ihre Fangarme nach ihm ausstreckt. Und weil alle diese Ängste so schwer auf ihm lasten und wie ein Gespenst vor ihm stehen, überkommt ihn oft genug die Angst vor der Angst. Kein Wunder, dass die Lebensangst sich zu schwerer Bedrängnis steigern kann. Wie sehr der Mensch unter diesen Qualen leidet, zeigt die erschreckend hohe Zahl von Selbstmorden, die in erster Linie auf der Lebensangst beruhen.

Die Heilige Schrift und die Lebensangst

Die Heilige Schrift bestätigt die Tatsache der allgemeinen Verbreitung der Lebensangst als solcher. Selbst die Gottesmänner der Bibel wurden oft genug von ihr heimgesucht. Welche Angst befiel z. B. den Propheten Elia, als er vor der Königin Isebel in die Wüste floh (1.Kön.19:3)! Und David klagt in den Psalmen immer wieder: „Der Hölle Bande umfingen mich, und des Todes Stricke überwältigten mich; die Angst ist nahe, keine Hilfe zu sehen; die Angst meines Herzens ist groß; mein Herz ängstigt sich in meinem Leibe, des Todes Furcht ist auf mich gefallen; Furcht und Zittern ist über mich gekommen und Grauen hat mich befallen.“ (Psalm 18:6; 22:12;
25:17; 55:5-6). Dasselbe sehen wir bei den Männern des Neuen Testaments. So fürchteten sich die Jünger Jesu vor dem Leiden (Mark.10:32), beim Sturm auf dem Meer (Matth.8:26; 14:30), vor den Gegnern ihres Herrn (Matth.26:56). Oder denken wir an Paulus, der nicht nur vor seinen Gegnern des öfteren Furcht empfand (Apg.18:9; 23:11), sondern auch bei seinem öffentlichen Auftreten nicht wenig Ängste zu bestehen hatte (1.Kor.2:3; 2.Kor.7:5). Selbst Jesus wurde in Gethsemane von dem Grauen vor dem Leidenskelch überfallen (Mark.14:33-34; Hebr.5:7). Auch die Furcht vor dem Bösen, der seine feurigen Pfeile gegen die Menschen richtet
und ihn in seine Gewalt zu bekommen sucht, nimmt in der Heiligen Schrift einen großen Raum ein. So schreckt viele das Wort Jesu: „Satan hat euer begehrt, dass er euch sichten möchte wie den Weizen“ (Lk.22:31), oder das Wort des Petrus: „Der Teufel geht umher wie ein brüllender Löwe und sucht, welchen er verschlinge.“ (1.Pe.5:8). Ebenso versetzt der Gedanke an die Endzeit viele Christen in Angst, so, wenn Johannes von den Schrecken des Krieges, des Hungers, der Teuerung, des Massensterbens, der großen Trübsal, von Erdbeben und auffallenden Himmelserscheinungen weissagt (Offb.6), oder wenn Petrus auf den großen Tag hinweist, „da die Himmel zergehen werden mit großem Krachen, die Elemente vor Hitze schmelzen und die Erde und die Menschenwerke verbrennen werden.“ (2.Pe.3:10). Die weltweite Verwirrung und Kopflosigkeiten der Menschen wird von Jesus vorausgesagt in Luk.21:25-26.

Verkehrte Mittel zur Befreiung

Was tut der Mensch nicht alles, um von seiner Lebensangst frei zu werden! Die einen suchen sie zu betäuben, sei es durch Zerstreuungen aller Art – durch das Fernsehen, Filme, Parties oder durch übertriebene Arbeit. Aber durch solche Vogelstraußpolitik kann die Angst höchstens vorübergehend gebannt werden. Andere greifen zu Schlafmitteln oder Rauschgiften, trinken unmäßig viel Alkohol oder rauchen, was das Zeug hält, bis sie schließlich dadurch in die Sucht geraten, die sie dann in den Klauen hält, aus der sie sich aus eigener Kraft dann nicht mehr befreien können. Es kann leicht nachgewiesen werden, dass ein großer Teil der Süchte letzten Endes ihre Ursache in der Lebensangst hat. Wieder andere suchen sich zur Ruhe und Gelassenheit zu erziehen, um über ihre Angst Herr zu werden. Aber auch diese Haltung hat nur einen Scheinerfolg, denn sie ist eine Selbstsuggestion, die nur mit Mühe aufrecht erhalten werden kann und sie immer wieder im Stich lässt. Wir müssen daher mit der Tatsache rechnen, dass eine bleibende Verdrängung der Angst auf keinerlei menschliche Weise möglich ist.

Die wahre Hilfe

Wirkliche Hilfe gegen die Lebensangst bringt nur der Glaube an den lebendigen Gott. Schon das Alte Testament weist von aller Lebensangst weg auf den Herrn. So sprach Gott zu Abraham: „Fürchte dich nicht, ich bin dein Schild und dein sehr großer Lohn“, und Isaak verhieß Er: „Fürchte dich nicht, denn ich bin mit dir und will dich segnen“ (1.Mo.15:1; 26:24). Beim Durchzug des Roten Meers sprach Mose zum Volk Israel: „Fürchtet euch nicht, stehet fest und seht zu, was für ein Heil der Herr heute an euch tun wird...“ --- „Der Herr wird für euch streiten und ihr werdet still sein“ (2.Mo.14:13-14). Auch die Psalmen und die prophetischen Bücher reden immer wieder davon, dass der einzige Ausweg aus der Lebensangst der allmächtige und allgegenwärtige Gott ist (z. B. Psalm 18:7; 23:4; 27:1; 46:2-3; 56:4,12; 61:3; 118:5-6; Jes.41:10; 43:1). Im Neuen Testament ist uns vor allem richtungsweisend das Wort Jesu: „In der Welt habt ihr Angst“ (Joh.16:33). Wir ersehen daraus, dass Jesus durchaus Verständnis dafür hatte, wenn Seine Jünger in Weltangst gerieten. Er forderte nicht von ihnen, dass sie als seine Jünger überhaupt frei von Angst sein/bleiben müssten. Er war nicht so wirklichkeitsfremd, dass ER die Angst als etwas Unnatürliches angesehen hätte. Er machte darum Seinen Jüngern auch keine Vorwürfe wegen ihrer Angst. Weil ER die Angst aus eigenem Erleben kannte, vermag Er als der himmlische Hohepriester Mitleid mit unserer Angst zu fühlen (Hebr.4:15). Aber wie ER Seine Angst überwand, so will Er auch uns helfen, von unserer Lebensangst loszukommen. „ER erlöste die, die durch Todesfurcht im ganzen Leben Knechte sein mussten.“ (Hebr.2:15). Und darum fügte Jesus Seinem Wort „In der Welt habt ihr Angst“ ein kostbares aber hinzu: „Aber seid getrost, ich habe die Welt überwunden!“ Mit dieser Verheißung bietet sich Jesus Seinen Jüngern als Befreier von aller Weltangst an. Er führt die Seinen zwar oft genug in anstrengende Lagen hinein, bzw. lässt diese zu – aber ER lässt sie nicht darin stecken, sondern ist gerne bereit, sie aus der Angst wieder hinauszuführen. Deshalb sollst du nicht dein Leben lang ein Sklave der Weltangst bleiben, sondern darfst inmitten aller Ängste voller Vertrauen auf Jesus blicken! Er kann die Angst benützen, um deinen Glauben zu stärken. Hat ER nicht Seinen Jüngern im Sturm geholfen, damit sie in ihrer Angst auf Ihn vertrauen? Und sollte nicht Petrus, als er auf dem Wasser ging, es in der Angst lernen, auf Ihn zu sehen und Seine Hand zu ergreifen? So will Jesus auch dich, wenn du in Gefahr schwebst, bei deiner rechten Hand festhalten (Psalm 73:23). Er lässt dich zwar allerhand notvolle Lagen erleben, um dir dann aber die Lehre zu erteilen, dich ganz abhängig von IHM zu wissen und dir auf diese Weise zu helfen, von deiner Angst loszukommen. Welch ein mehr als tröstlicher Gedanke ist es, dass die Weltangst dich nicht zu schrecken braucht, weil Jesus „die Welt überwand“, d.h. die Welt mit all ihren Bedrohungen, mitsamt ihrem Fürsten, dem Teufel, unter Seine Gewalt brachte. Seitdem Er, gen Himmel aufgefahren, zur Rechten Seines Vaters dein Leben lenkt, brauchst du dich nicht mehr zu fürchten. Der lebendige Glaube an den gekreuzigten, auferstandenen und erhöhten Herrn ist in der Tat so gewaltig, dass er die Lebensangst zum Schwinden bringen kann! Wer mit dem Überwinder der Welt in engste Verbindung tritt, der darf es erfahren, dass er von seiner Lebensangst loskommt. Wie trostvoll und frohmachend ist für ihn der Ausruf Davids: „Der Herr ist meines Lebens Kraft, vor wem sollte mir grauen!“ (Psalm 27:1). Auch du kannst alle Furcht vor den Gefahren und Nöten dieser Welt überwinden durch die Gewissheit der steten Gegenwart und Kraftmitteilung Jesu, kannst alle Furcht vor einem grausamen Geschick loswerden durch den Glauben an den, der gesagt hat: „Mir ist gegeben alle Gewalt im Himmel und auf Erden!“ und der auch dein Schicksal voll und ganz in Seinen Händen hält. So kannst du alle Furcht vor schlechten und rachsüchtigen Menschen überwinden (Röm.8:31), kannst alles Grauen vor dem Tode weglegen durch die Gewissheit, als Kind des himmlischen Vaters auch ein Erbe des ewigen Lebens zu sein. So kannst du auch den Nachstellungen des Bösen entgegentreten durch die Berufung auf Jesu Verheißungen: „Niemand wird sie aus meiner Hand reißen!“ (Joh.10:28) und „Nichts soll euch irgendwelchen Schaden tun!“ (Luk.10:19). Der Glaubende weiß zwar sehr wohl um die Wirklichkeit und die Macht Satans; aber dieser kann ihm nichts mehr anhaben, wenn er auf Jesus blickt, der durch Seinen Tod dem die Macht genommen hat, der des Todes Gewalt hatte (Hebr.2:14). Darum darfst du auch trotz dem pessimistischen Blick auf die Weltlage doch getrost sein. In jeder angstvollen Lage deines Lebens kann dir ein Wort Gottes als Stärkung und Aufmunterung zuteil werden (Psalm 119:50). So ist für jede Lebensangst der Glaube an Jesus das Heilmittel. Während ohne IHN die Lebensangst zu einer unerträglichen Qual werden kann, ist sie mit IHM effektiv gebannt. Darum öffne dein Ohr der Stimme Gottes, hebe deine Augen auf zu dem lebendigen Herrn, öffne deinen Mund und schreie zu IHM, so wie Jesus in Gethsemane seinen Vater im Himmel anrief. Er hat verheißen, alle Mühseligen und mit Angst Beladenen zu erquicken. Er will auch dir helfen, dass deine Lebensangst dich nicht zu Boden wirft, sondern dass du ein freier und froher Mensch werden kannst, der in Gott zur Ruhe kommt und mutig allem entgegenblicken kann, was auch kommen mag. Aus Kenia wurde berichtet, dass einige Eingeborene in eine christliche Schule eindrangen. Die Lehrer rannten weg außer dem schwarzen Schulleiter. Die Bande ging mit Pistolen und Messern auf ihn los. Mit eingeschlagenen Zähnen und Schnittwunden am Kopf ließen sie ihn liegen. Als ein Missionar ihn später fragte: „Wie war es, als dich die Leute bedrohten? Hattest du Angst ?“ Da antwortete er: “Nein, ich hatte keine Angst, ich empfand nichts als Liebe und Freude und die Gegenwart Jesu mit mir.“ Ist es nicht etwas Wundervolles, wenn der wahre Christ in vollem Frieden sein Leben beschließen kann in dem Wissen, dass er in die obere Heimat eingehen darf, wo weder der Tod noch Leid noch Geschrei noch Schmerz sein wird (Offb.21:4)? So kannst auch du angesichts aller Lebensangst im Blick auf den Herrn Jesus sprechen: „Ist auch die Zukunft meinem Blick verhüllt, vertrau ich still, seitdem ich weiß, dass sich Sein Plan erfüllt, vertrau ich still. Seh’ ich nicht mehr als nur den nächsten Schritt, mir ist’s genug. Mein Herr geht selber mit.“

III. Die schuldbedingte Angst

Schuld gegenüber Menschen

Fast ebenso häufig wie die Lebensangst ist die schuldbedingte Angst anzutreffen. Auch sie ist so alt wie die Menschheit. Schon der erste Sündenfall erzeugte im Menschen die Angst (1.Mo.3:8). Jeden, der sich seiner Schuld bewusst wird, ergreift die Angst. Hat er gegenüber einem Menschen eine Verfehlung begangen, fürchtet er, dieser könnte von seiner Schuld Kenntnis bekommen und ihn zur Rechenschaft ziehen. Er fürchtet seine Stellung zu verlieren, die Achtung vor seinen Mitmenschen einzubüßen, vor Gericht gezogen zu werden. In seiner Angst sucht er die Schuld zu verbergen oder zu verkleinern, weshalb er dauernd eine Maske aufsetzen muss. Dabei wird er mehr und mehr verstrickt in Unehrlichkeit und nicht selten in neue Verfehlungen. „Das ist der Fluch der bösen Tat, dass sie ‚fortzeugend’ Böses muss gebären.“ So fügte Adam zu der Sünde des Ungehorsams sofort die Sünde der Lüge hinzu und schob die Schuld auf Eva (1.Mo.3:10,12). Dadurch aber wird die Angst des Menschen nur noch größer und sein schlechtes Gewissen lässt ihm keine Ruhe mehr.

Schuld gegenüber Gott

Ist schon die Angst vor Menschen und einem irdischen Gericht qualvoll genug, wird sie noch um Vielfaches durch die Furcht vor dem allwissenden und allgegenwärtigen Gott gesteigert, vor dem der Mensch nichts verbergen kann, und durch die Furcht vor dem Jüngsten Gericht, an dem er Rechenschaft ablegen muß über jedes Wort und jede Tat. Und es wird ihm klar, dass jede Versündigung gegenüber einem Menschen gleichzeitig und in erster Linie eine Sünde gegenüber dem heiligen Gott bedeutet. So bekennt David: „An Dir allein habe ich gesündigt und übel vor Dir
getan“(Psalm 51:6). Der Mensch macht vielleicht wie Adam einen kläglichen Versuch, sich vor Gott zu verstecken; aber er kommt zu der Erkenntnis des David, dass es unmöglich ist, vor Seinem Angesicht irgendwohin zu fliehen (Psalm 139:7), und dass er so, wie er ist, vor dem gerechten Gott niemals bestehen kann. In solcher Lage suchen viele Menschen die Existenz Gottes zu leugnen in der Meinung, auf diese Weise von ihrer Angst vor einer Vergeltung frei zu werden.

Schuldbedingte Angst in der Bibel

Die Bibel enthält nicht wenige Beispiele von schuldbedingter Angst. So erging es dem Propheten Jesaja, als er in einer Vision Gottes Herrlichkeit sah. Er konnte nur noch ausrufen: „Weh mir, ich vergehe, denn ich bin unreiner Lippen!“ (Jes.6:5). So erging es den Hirten von Bethlehem, die in großer Furcht erschraken, als ihnen die himmlischen Heerscharen erschienen (Luk.2:9). So erging es auch einem Petrus, als er das Wunder des Fischzugs erlebte (Luk.5:8-9). Ebenso erschraken Petrus, Johannes und Jakobus zutiefst, als sie den verklärten Herrn sahen (Matth.17:6). Und Johannes wurde aus lauter Furcht vor der Erscheinung Jesu ohnmächtig (Offb.1:17). Auch die vielen Menschen, die Zeugen der Wunder Jesu waren, wurden von Furcht erfüllt (Luk.4:36; 5:26; 7:16; u.a.). So erging es den Soldaten und den Jüngern bei der Auferstehung Jesu (Matth.28:4,8). Und als Jesus dem Saulus in den Weg trat, wurde dieser von Zittern und Zagen befallen (Apg.9:6). Auch die junge Christengemeinde in Jerusalem überkam große Furcht, als sie die Zeichen und Wunder miterlebte, die die Apostel vollbrachten (Apg.2:43; 5:5,11). Immer ist es die Furcht vor dem allmächtigen Gott, weil der Mensch plötzlich zu der Erkenntnis gelangt, dass er in seiner Sündhaftigkeit vor Gott nicht bestehen kann.

Die Folgen der schulbedingten Angst

Die Angst im Blick auf eine begangene Schuld kann den Menschen so sehr überwältigen, dass er alles drangeben würde, wenn er den dunklen Punkt aus seinem Leben ausmerzen könnte. Aber es gelingt ihm nicht. Solange die Schuld nicht vergeben ist, kann er sie zwar verbergen (verdrängen), aber nicht ungeschehen machen. Immer wieder, besonders in der Stille der Nacht, steht sie riesengroß vor seiner Seele und hindert ihn nicht nur am Schlaf, sondern auch an einer fruchtbaren Tätigkeit am Tage. Die seelische Belastung, die nach einer schweren Schuld über den Menschen hineinbricht, geht meist mit Selbstvorwürfen, ja sogar ggf. mit seelisch-körperlichen
Schädigungen einher. Das hatte David nach begangener Schuld zur Genüge erfahren, wenn er in Psalm 32 von der Angst vor Entdeckung durch die Menschen und von seinen schweren, seelischen und körperlichen Qualen berichtet: „Da ich’s wollte verschweigen, verschmachteten meine Gebeine durch mein tägliches Heulen. Denn Deine Hand war Tag und Nacht schwer auf mir, dass mein Saft vertrocknete, wie es im Sommer dürre wird.“

Die Befreiung von der schuldbedingten Angst

Wie aber können wir von der schuldbedingten Angst loskommen? NUR Jesus kann dir das schlechte Gewissen nehmen, weil ER für deine Sünde in den Tod gegangen ist. Darum wende dich in deiner Angst zu IHM und bitte IHN in wahrer Buße (Reue > Umdenken) um Vergebung aller Schuld! Der Glaube, dass das stellvertretende Sühnopfer Jesu auch dir gilt, und die Reue über all dein Unrecht ist die Bedingung zur Tilgung deiner Sünden und zur Befreiung von deiner Angst. Hast du dadurch die Gewissheit der Vergebung erlangt, so darfst du dich als Gottes geliebtes Kind ansehen und die Verheißung für dich annehmen, dass du nicht ins Gericht kommst (Joh.3:18; 5:24). Denn durch die Vergebung ist die Schuld so restlos getilgt, als ob sie überhaupt nicht begangen wäre. Gott gedenkt ihrer nimmermehr, ER wirft die Sünde hinter sich und versenkt sie in die Tiefen des Meeres (Jer.31:34; Jes.38:17; Mich.7:19). Wenn du dies im Glauben fassen kannst, bist du wahrhaft glücklich zu preisen (Psalm 31:1-2). Nun ist Gott für dich nicht mehr der strenge Richter, sondern der liebende Vater. Die Angst vor dem Richter macht der Dankbarkeit gegenüber dem Vater Platz, und an die Stelle der Furcht vor dem Gericht tritt die Liebe zu Gott (1.Joh.4:18). Und selbst wenn du irgendeine Folge deiner Sünde zu tragen hättest, vielleicht eine Krankheit, eine Freiheitsstrafe, den Tod eines anderen oder ein ungeratenes Kind – die Gewissheit der Vergebung wird dich auch über dieses Schwere hinwegbringen, wenn du in der rechten Demut zu Gott stehst. Du erkennst, dass ein gutes Gewissen viel wichtiger ist als alles, was Gott als Folgen deiner Sünde zulässt. So konnte David sich der Vergebung seiner schweren Schuld erfreuen, obwohl Gott zur Strafe sein Kind sterben ließ (2.Sam.12:13-24). Vielleicht aber verlierst du trotz der erlangten Vergebung durch Gott deine Angst noch nicht völlig, weil du dir bewusst wirst, dass Gott ein Bekenntnis deiner Schuld auch gegenüber dem erwartet, den du geschädigt hast. In diesem Falle ringe dich zu dem Entschluß durch, zu ihm zu gehen und dich mit ihm zu versöhnen (Matth.5:24)! Nur durch ein offenes Geständnis und durch Wiedergutmachung deines Unrechts wirst du von aller Angst frei und kannst tiefen Frieden ins Herz bekommen, so wie es der Sünderin erging, der Jesus mit den Worten „Dir sind deine Sünden vergeben, dein Glaube hat dir geholfen, gehe hin mit Frieden!“ alle Angst-, Verdammnis- und Schuld-Komplexe hinwegnahm (Luk.7:48,50).

IV. Die ichhafte Angst

Die Lebensangst und die schuldbedingte Angst sind nicht die einzigsten Ängste, mit denen die Menschen zu tun haben. Eine wesentliche Rolle spielen daneben allerhand andere Ängste, die aus seiner Ichhaftigkeit heraus entstehen. Sie können den Menschen derart beherrschen, dass sie in seinem Gedankenleben und in seinem Handeln den ersten Platz einnehmen.

Die Ursachen der ichhaften Angst

Die Ursachen der ichhaften Angst sind mannigfacher Art, aber immer steht dabei das ICH des Menschen im Vordergrund. So gerät der ichhafte Mensch stets dann in Angst, wenn er glaubt, die Achtung seiner Person könnte eine Beeinträchtigung erfahren. Er fürchtet sich, vor seinen Mitmenschen irgendwie aufzufallen und‚ in den Mund der Leute zu kommen’. Das Schlimmste, was ihm widerfahren kann, ist, sich lächerlich zu machen. Oder er besitzt den falschen Ehrgeiz, seine Mitmenschen zu übertrumpfen; dabei gerät er aber in dauernde Angst, er könnte dabei den Kürzeren ziehen und von ihnen nicht mehr anerkannt werden. Ichhaftigkeit als solche ist oft die Schüchternheit des Kindes, das fürchtet, sich eine Blöße zu geben, wenn es sich vor den anderen unbefangen benehmen würde. Ichhaft kann auch die Examensangst, das Lampenfieber oder die Angst etwas verkehrt zu machen, sein – nämlich dann, wenn ein übergroßes Geltungsstreben dahintersteckt. Oder der Mensch fürchtet sich, die Erwartungen, die er an das Leben stellt, könnten nicht genau so in Erfüllung gehen, wie er es sich wünscht. Wenn er die Bequemlichkeit über alles liebt, hat er Angst, diese einmal aufgeben zu müssen. Hat er nicht gelernt, Verzicht zu üben, so fürchtet er sich vor jeder Entbehrung, die ihm droht. Ist ihm das Geld zum Götzen geworden, plagt ihn die Angst, er könnte in Verarmung geraten. Hängt er mit allen Fasern seines Herzens an einem ihm liebenden gewordenen Gegenstand, fürchtet er, ihn eines Tages zu verlieren. Auch unter der heutigen Jugend gibt es so manche, die in Angst geraten, wenn sie sich in ihrem Freiheitsstreben bedroht fühlen und in ihrem Vorwärtskommen behindert sehen. Ebenso kann das Geschlechtsleben von Angst durchsetzt sein. Die Frigidität der Frau ist z. B. nicht selten die Folge der Angst vor den Mühen, die ihr ein weiteres Kind bereiten würde. Ichhaft ist ferner die dreifache Angst vieler junger Mädchen, die regelmäßig die ‚Pille’ nehmen, um eine Schwangerschaft zu vermeiden. Einmal fürchten sie, die erwünschte Wirkung könne ausbleiben. Dann ist da die Angst, sie könnten ihren Partner verlieren, falls sie von der Pille Abstand nehmen. Und zuletzt werden sie die geheime Angst nicht los, der ständige Gebrauch der Pille könnte allmählich eine Schädigung des Organismus zur Folge haben. Weit verbreitet ist die ichhafte Angst des Menschen um sein körperliches Befinden. Wenn ihm sein gesundheitliches Wohl und Wehe über alles geht, schwebt er in dauernder Angst, sich eine Erkrankung zuzuziehen. Wenn z. B. ein anderer ihm von seinen körperlichen Beschwerden erzählt, glaubt er, bald dieselben Störungen bei sich wahrzunehmen. Besonders der Gedanke an unheilbare und ansteckende Krankheiten flößt ihm eine übermäßige Angst ein. Die Krebsfurcht, die als Lebensangst anzusehen ist, wird durch die ichhafte Angst ins Maßlose gesteigert. Schon bei geringen, körperlichen Beschwerden fürchtet der ichhafte Mensch, ein ernsthaftes Leiden zu haben. Dabei wird er von zwei Empfindungen hin- und hergeworfen: Von der Furcht, man sage ihm nicht die volle Wahrheit über seinen Zustand, und der Hoffnung, die Versicherung zu erhalten, dass seine Angst unbegründet sei. So geht er von einem Arzt zum anderen, wobei er gewöhnlich demjenigen, dessen Urteil weniger günstig ausfällt, mehr Glauben schenkt, als dem, der ihn zu beruhigen sucht Auch gerät er in Angst, wenn er die Lebensgewohnheiten nicht einhält, die er für die Richtigen hält, wie z.B. eine besondere Kost, bestimmte Arzneien, eine jährliche Kur, ein geeignetes Klima. Ichhaft ist ferner die Angst vieler Menschen, die auffallende körperliche Merkmale an sich tragen, wie abstehende Ohren, eine geringe Körpergröße, eine Glatze schon in jungen Jahren, usw.

Die Angst als Mittel zu einem bestimmten Zweck

In besonderer Weise neigt das Kind zu ichhafter Angst. Bei einem Gewitter äußert es z. B. lebhafte Angst. Die Mutter kommt, bleibt bei ihm und beruhigt es mit freundlichen Worten. Dem Kind tut es wohl, dass die Mutter ihm freundlich zuspricht. Wenn nun wieder ein Gewitter kommt oder sonst eine Gefahr droht, flüchtet es in die Angst, um die Hilfe der Erwachsenen zu erfahren. So benützt es unbewusst die Angst als ein Mittel zur Erlangung seiner ichhaften Wünsche. Die Variationsmöglichkeiten können vielfach im Leben eines Kindes als auch bei Erwachsenen sein.

Die ichhafte Angst in der Bibel

In der Bibel finden sich zwei Beispiele von ichhafter Angst. Als der König Saul wegen seines Ungehorsams von Samuel zur Rede gestellt wurde, bekannte er, er habe den Befehl des Herrn übertreten, weil er gefürchtet habe, die Gunst des Volkes zu verlieren, wenn er dem Willen seiner Volksgenossen nicht nachkäme (1.Sam.15:24). Und als Jesus seinen Jüngern von seinem bevorstehenden Leiden berichtete, befiel Petrus ein Bangen um seine eigene Zukunft, weshalb er Jesus den Rat gab, sich zu schonen. Doch Jesus erkannte seine wahre Gesinnung und wies ihn scharf zurecht (Matth.16:21-23).

Die Befreiung von der ichhaften Angst

Wenn du von der ichhaften Angst loskommen willst, ist es nötig, dass du deine offene oder geheime Ichhaftigkeit mit all ihren Äußerungsformen erkennen lernst. Sieh dir deshalb Jesus an, der frei von jeglichem Trachten nach eigener Ehre war, sondern nur die Ehre Seines Vaters im Himmel suchte (Joh.5:41), und suche nicht deine ichhaften Wünsche und ehrgeizigen Pläne durchzusetzen! Gib (in deinem Interesse!) das Streben auf, dich unter allen Umständen vor den Menschen in ein gutes Licht zu rücken. Das Entscheidende ist nicht, wie du in den Augen der Menschen dastehst, sondern was Gott über dich denkt! Vor Seiner Heiligkeit schrumpft die Größe des eigenen ICH völlig zusammen. Auch Paulus gibt uns ein Vorbild in der Zurückstellung der eigenen Person. Sein ICH lebte nicht mehr, sondern nur noch Christus IN ihm (Gal.2:20). Darum hatte die ichhafte Angst keinen Raum mehr in seinem Herzen. Nimm auch dein Wohlbefinden nicht allzu wichtig, sondern vertraue dein Leben dem allmächtigen Gott an! ER ist der Herr deines Leibes, in Seiner Hand steht Gesundheit und Krankheit. Wenn ER dir ein Kreuz auferlegt und es dir trotz deiner Bitten nicht wegnimmt, dann sei nicht leidensscheu, sondern suche es willig zu tragen und dich im Leiden zu bewähren! An die Stelle der Angst vor dem Leiden sollte nun die Bereitwilligkeit zum Leiden kommen – wie immer Gott es zulassen mag. Es kommt im tiefsten Grunde nicht darauf an, dass du dich einer dauernden Gesundheit erfreust und möglichst lange lebst, sondern dass du geläutert und ausgereift dein Leben beschließt, wann Gott es für gut hält. Je mehr du auf diese Weise Gott die Herrschaft in deinem Leben einräumst und je mehr du an den Leiden und Freuden deines Nächsten liebevoll teilnimmst, desto mehr wird alle Sorge um deine Geltung vor/bei den Menschen und um dein körperliches Wohlbefinden in den Hintergrund treten und der Friede Gottes wird dich erfüllen. Darum ruft Gottes Wort dir zu: „Sorget um nichts ..., dann wird der Friede Gottes eure Herzen und Gedanken in der Gemeinschaft mit Christus Jesus bewahren“ (Phil.4:6-7).

V. Die krankhafte Angst

Neben den beschriebenen Angstformen ist noch eine letzte Gruppe zu erwähnen: Die krankhafte Angst. Während von der durch rein körperliche Störungen, wie z.B. durch Herzleiden oder Bronchialasthma, verursachten Angst hier nicht die Rede sein soll, kennen wir mehrere seelische Erkrankungen, die mit Angst einhergehen. Nur die hauptsächlichsten unter ihnen seien hier genannt: Die angeborene Angst, die erlebnisbedingte Angst und die Angst des Schwermütigen. Häufig sind mehrere dieser und der früher erwähnten Angstformen gleichzeitig anzutreffen. So kann z. B. ein ängstlich Veranlagter in eine erlebnisbedingte Angst geraten oder es kann die Schwermutsangst und die Lebensangst mit der ichhaften Angst verbunden sein, oder es findet sich die angeborene Angst mit der schuldbedingten gepaart. Auf diese Weise entstehen die mannigfaltigsten Zustandsbilder von verschiedener Stärke.

Die angeborene Angst

Diese beruht auf einer krankhaften Anlage, die sich schon beim Kind in erheblichem Grade bemerkbar machen kann, indem es bereits bei geringfügigen Anlässen von lebhafter Angst befallen wird. So kann manches Kind am Abend nur dann einschlafen, wenn es unmittelbar neben dem Vater oder der Mutter liegt. Auch wird ihm bange, wenn es in der Nacht das Sausen des Windes, das Bellen eines Hundes oder das Geräusch von Flugzeugen hört. Das Schulkind fürchtet dauernd, zu spät zur Schule zu kommen, die Fragen des Lehrers nicht beantworten zu können, von seinen Mitschülern gehänselt zu werden, seine Hausaufgaben nicht richtig zu machen. Auch als Erwachsener zeigt der ängstlich Veranlagte meist Furcht vor Menschen und Begebenheiten, die den seelisch Gesunden nicht weiter berühren. Auch fürchtet er sich vor bestimmten Tieren, wie Spinnen, Fledermäusen, Ratten, Hunden, vor Leichen, vor Blut, vor Einbrechern, vor dem Alleinsein, u.a.m.

Minderwertigkeitsgefühle/-komplexe

Besonders häufig ist die Angst mit Minderwertigkeitsgefühlen verbunden. Der ängstlich Veranlagte ist im Verkehr mit seinen Mitmenschen von starker Selbstunsicherheit erfüllt, auch ohne dass eine verkehrte Erziehung im Sinne einer Unterdrückung seines Selbstbewusstseins schuld wäre. Er wagt nicht, seine Meinung den anderen gegenüber zu vertreten, und benimmt sich oft ungeschickt, so dass ihm manches misslingt, was seine Scheu/Angst vor anderen noch erhöht. Jede schwierige Aufgabe bereitet ihm Angst, weil er dem Leben hilflos gegenübersteht. In seiner mangelnden Entschlusskraft bangt er vor jeder Entscheidung, die er zu treffen hat. Auch ist er infolge seines geringen Selbstvertrauens völlig abhängig von dem Urteil/der Meinung seiner Mitmenschen ... unabhängig davon ob diese(s) faktisch falsch oder richtig ist. Mit Höherstehenden und Fremden wagt er sich kaum zu unterhalten. Besonders den Behörden gegenüber macht sich seine Unsicherheit stark bemerkbar. Hat er einmal eine Leistung vollbracht, ist er mit ihr unzufrieden, weil er die Leistungen anderer höher einschätzt. Selbst wenn ihm Vertrauen und Achtung entgegengebracht wird, kommt er von seinen Minderwertigkeitsgefühlen nur schwer los. Als Christ wagt der ängstlich Veranlagte nicht, Jesus zu bekennen, weil ihm die Festigkeit des Glaubens fehlt. Kämpfer zu sein, liegt ihm nicht. Wir kennen in der Heiligen Schrift einen Mann, der eine Ängstlichkeit an den Tag legte, die er offenbar von Jugend an besaß: Timotheus. Als Paulus ihn in seiner Arbeit allein ließ, befiel ihn lebhafte Angst, so dass er in Tränen ausbrach. Trotz der frommen Erziehung durch seine Mutter und Großmutter und trotz der seelsorgerlichen Bemühungen durch Paulus, seines geistlichen Vaters, fürchtete er sich davor, selbständig in den Dienst des Herrn zu treten, seinen Glauben zu bezeugen und um seines Herrn willen auch das Leiden auf sich zu nehmen (2.Tim.1:4-8; 2:3). Er war in Gefahr, auf seine Unerfahrenheit zu blicken und seine Berufung zum Dienst wie auch die ihm verliehene Geistesgabe gering zu achten (1.Tim4:12,14). Wenn Timotheus nicht ängstlich veranlagt gewesen wäre, sondern lediglich vor dem ihm übertragenen Amt gebangt hätte, wären die zahlreichen Ermahnungen des Paulus kaum nötig gewesen; vielmehr hätte er aufgrund seines Glaubens sehr bald seine Angst überwunden.

Beziehungs- und Zwanggedanken

Meist sind die Minderwertigkeitsgefühle von Beziehungsgedanken begleitet, d.h. von der Neigung, alles was einem begegnet, auch ganz unscheinbare Begebenheiten, auf sich zu beziehen. Solch ein Mensch fühlt sich infolge seines mangelnden Selbstvertrauens oft von den anderen beobachtet oder ausgelacht, wenn sich diese in seiner Nähe aufhalten oder in Lachen ausbrechen. Hat sich etwas Schlimmes ereignet, fürchtet er, man halte ihn für den Schuldigen. Wird eine Frage an ihn gerichtet, sieht er hinter ihr leicht einen versteckten Vorwurf. Ebenso befallen den Ängstlichen nicht selten allerhand Befürchtungen, von deren Sinnlosigkeit er selbst überzeugt ist. In diesem Fall sprechen wir von Zwangsangst, weil die Angst wie ein Zwang über ihn kommt, ohne dass er imstande ist, sich ihrer zu erwehren. Er kann von dauernder Angst geplagt sein, Gegenstände zu berühren, weil er sich dadurch zu beschmutzen glaubt, oder von der Befürchtung, seine Arbeit nicht richtig gemacht zu haben, so dass er immer wieder kontrollieren muss. Oder er hat Angst, er könne durch Nadeln oder andere spitze Gegenstände sein Kind verletzen, so dass er solchen Gegenständen peinlich aus dem Wege geht. Auf der Straße kann ihn die Zwangsangst packen, er habe den vorübergehenden Menschen irgendeinen Schaden zugefügt, weshalb er sich nach ihnen umdrehen muss. Auch ist es ihm nicht möglich, einen freien Platz zu überqueren oder sich in einem geschlossenen Raum aufzuhalten. Selbst wenn er sich immer wieder einzureden versucht, er habe doch keinen Grund zu solcher Angst, kann ihn eine Todesfurcht mit rasendem Herzklopfen befallen, sobald er den Versuch unternimmt, den freien Platz, bzw. den geschlossenen Raum zu betreten. Ebenso kann er in dauernder Angst leben, im Gespräch mit einem anderen etwas Liebloses oder Unwahres zu sagen oder gesagt zu haben und ihn dadurch zu verletzen. Er bittet daher immer wieder um Entschuldiggung für Handlungen, die er – durchaus ohne Grund – als Schuld empfindet. Auf diese Weise entwickeln sich Zwangsbefürchtungen die Zwangsantriebe = die Beschmutzungsangst löst den Waschzwang aus, die Furcht etwas falsch gemacht zu haben, verursacht den Kontrollierzwang, die Angst beobachtet zu werden, die Platzangst, usw. Solche Zwangsängste können, wie wir sehen, geradezu absonderliche Formen annehmen und die von ihnen Befallenen aufs äußerste quälen. In der Fachsprache werden diese als ‚Zwangsneurose’ bezeichnet.

Der Christenglaube als reale Hilfe

Wie können wir die angeborene Angst bekämpfen? Der biblisch-christliche Glaube erweist sich auch hier vielfach als ein wertvolles Hilfsmittel. Befällt dich die Unsicherheit und Furcht vor den Mitmenschen, so sei dir dessen bewusst, dass auch der vor der Welt angesehene Mensch vor Gott ein ebenso armer und erlösungsbedürftiger Sünder ist, wie du selber, und dass du deshalb gar keinen Anlass hast, dich vor einem Menschen zu schämen oder dich mit ihm zu vergleichen. Wenn du dich ganz abhängig von Gottes Gnade weißt, wirst du unabhängig von der Meinung deiner Umgebung; wenn du deines Glaubens gewiss bist, kannst du anderen offen und frei gegenübertreten. Bist du bestrebt, nach dem Wohlgefallen Gottes zu leben, brauchst du nicht immer ängstlich zu fragen, ob du deinen Mitmenschen gefällst, ob du richtig in ihren Augen handelst, sondern du darfst Gott vertrauen, dass ER dir im rechten Augenblick die rechte Erkenntnis und die richtigen Entschlüsse eingeben, dich an das von dir gelesene Wort Gottes erinnert oder dir zur rechten Stunde einen Menschen als Ratgeber über den Weg schicken wird. Und dann darfst du erfahren, dass die Kraft Gottes sich auch in deiner Angst als mächtig erweiset (2.Kor.12:9). Auch in all deinen Minderwertigkeitsgefühlen brauchst du dich –im tiefsten Grund- nicht zu fürchten, sondern du darfst wissen, dass du ein von Gott Begnadeter, durch Jesus Erlöster und darum Sein Kind bist – und damit in Seinen Augen wertgeachtet und von IHM geliebt (Jes.43:1,4). Wenn du dich vor IHM klein fühlst, darfst du dich mit IHM groß fühlen (Psalm 18:30). Den furchtsamen Timotheus wies Paulus auf den heiligen Ruf hin, der ihm von Jesus zuteil geworden war (2.Tim.1:9). So wie er sich selbst seines Glaubens nicht schämte, sondern wusste, an wen er glaubte, so sollte auch Timotheus bei der Wortverkündigung in der Gewissheit und Freudigkeit des Glaubens stehen, ohne sich zu fürchten. Denn Gott habe ihm nicht den Geist der Furcht, sondern der Kraft, der Liebe und der Besonnenheit gegeben (2.Tim.1:12-13). Deshalb solle Timotheus sich in Jesus stark fühlen und sich im Kampf mit dem Feind als guter Streiter bewähren (2.Tim.2:1,3,5). Er solle auch das Leiden willig auf sich nehmen, denn dieses sei all denen auferlegt, die gottselig leben wollen (2.Tim.3:12). Darum bitte täglich um den Geist der Zeugenkraft, wenn es den Glauben zu bekennen gilt! Bitte täglich um den Geist der Liebe zur Überwindung deiner Hemmungen gegenüber Mitmenschen! Wenn du ihnen in Hilfsbereitschaft und wahrem Erbarmen begegnest, werden deine Minderwertigkeitsgefühle ganz von selbst verschwinden! Bitte um den Geist der Besonnenheit/Selbstzucht, d. h. der Entschlossenheit, die nicht den Mut sinken lässt, nicht feige zurückschreckt, nicht dem Leiden ausweicht! Auf diese Weise kannst du, wie Timotheus, deine angeborene Ängstlichkeit verlieren, selbst wenn manche Rückschläge passieren sollten. Wenn dir aber Gott trotz deines ständigen Aufblicks zu IHM die angeborene Angst nicht oder nicht völlig nimmt, weil dies ggf. Seinem heiligen Willen mit dir entspricht, dann hat ER zweifellos die Absicht, dich durch das Erleben deiner Angst innerlich zu fördern. Du darfst deshalb in solchem Falle deine angeborene Angst als ein dir von Gott auferlegtes Kreuz ansehen, dass dich in der Demut und Abhängigkeit von IHM erhalten soll. Du hast nur darauf zu achten, dass der Feind das dir von Gott auferlegte Kreuz nicht zu seinen Zwecken benützt, sodass du wie gebannt auf deine Angst siehst, den Blick auf Gottes Hilfe ganz aufgibst, in Verzagtheit oder in Murren gerätst und zu jedem Dienst für Gott untauglich wirst. Wenn du auf diese Weise dem Feind Raum in deinem Herzen gewährst , könnte es dir schließlich wie dem König Saul ergehen, dessen angebotene Ängstlichkeit der Teufel benützte, um ihn mehr und mehr von Gott abzubringen und ins Verderben zu stürzen. So bitte Gott im Namen Jesus um die Kraft, dein Kreuz ggf. willig zu tragen und darüber still zu werden! Es kommt im tiefsten Grunde nicht darauf an, dass du unter
allen Umständen von deiner Angst frei wirst, sondern darauf, dass du inmitten der Angst dich ganz von IHM abhängig weißt und dich als Diener Gottes bewährst (2.Kor.6:4). Auch in der Angst brauchst du dich nicht von Gottes Liebe scheiden zu lassen, sondern darfst/wirst überwinden – d. h. standhaft am Glauben festhalten, durch den, der dich liebt (Röm.8:35,37). Du bist IHM vielleicht nie so nahe, als wenn du in der Angst ganz und gar auf Seine Hilfe harrst. Gott bleibt auch in deiner Angst der Gott der Liebe, und dein Kindesverhältnis zu IHM wird durch deine Angst keineswegs beeinträchtigt. Wenn du auch viel von der Angst angefochten werden magst, kann sie dir doch nichts anhaben, sondern du bist geborgen in deines Vaters Liebe. Je größer, realer und wirklicher dir Seine Liebe in deiner persönlichen Erfahrung wird, um so kleiner und unwichtiger wird dir die Angst. Gott allein weiß, warum ER alles, was Ängstlichkeit und Angst heißt, in deinem Leben zulässt. Wenn du dich an IHN hältst, wird ER nicht zulassen, dass diese dich übermannt (1.Kor.10:13). Auf diese Weise wird deine Angst, wenn sie dir zunächst auch schwer und lästig erscheinen mag, schließlich zur heilsamen Angst. Wenn diese dennoch mehr und mehr quälend wird, dann wisse, dass Gott dir den Namen JESUS und das Blut Jesu gegen den gegeben, hat, der dich ggf. durch seine Dämonen quält > der Teufel. In Jakobus 4:7 lesen wir: „Unterwerft euch also Gott und widersteht dem Teufel, so wird er von euch fliehen.“ Die Waffen Gottes zum Widerstehen sind der Name Jesus und das Blut Jesu ...

Die erlebnisbedingte Angst

Diese befällt den Menschen, der von einem schweren Angsterlebnis heimgesucht wurde. Sie kann ihn sein ganzes Leben lang begleiten. Besonders in der empfänglichen Seele des Kindes kann das Angsterlebnis eine solche Wunde hinterlassen, dass es noch im Erwachsenenalter immer wieder lebhafte Angst hervorruft, weil eine Wiederholung des gleichen Erlebnisses befürchtet wird. Vielfach senkt sich das Angsterlebnis ins Unterbewusstsein, so dass die wahre Ursache der Angst verborgen bleibt. In diesem Falle kann bei bestimmten Anlässen oder zu bestimmten Zeiten eine dem Menschen unerklärliche Angst aufsteigen.

Die Ursachen unerklärlicher Ängste

Nur wenige Beispiele mögen dies veranschaulichen: Ein Mann wurde infolge einer unglücklichen Ehe, die geschieden wurde, von großer Furcht vor jeder Frau ergriffen, mit der er näher bekannt wurde, so dass er sich sofort scheu vor ihr zurückzog. Ein junges Mädchen befiel immer, wenn es seine Wohnung verlassen wollte, eine lebhafte Angst, seitdem sie einmal auf der Straße ohnmächtig geworden war; sie konnte nur solche Wege gehen, auf denen sie Menschen traf. Ein Mann in älteren Jahren hatte sein Leben lang Furcht vor dem Ertrinken, weil er als Kind einst fast ertrunken war. Ein junger Mann hatte Angst vor jedem erwachsenen Mann. Es stellte sich heraus, dass er in diesem seinen strengen Vater sah. Ein Mädchen erlebte jeden Abend Angstzustände, über deren Ursache sie sich viele Gedanken machte. Die Folge der Angst waren häufig Anfälle von Bewusstlosigkeit. Als der wahre Grund , der auf ein Kindheitserlebnis zurückzuführen war, aufgedeckt wurde, schwanden sowohl die Angstzustände als auch die Anfälle.

Die Befreiung von der erlebnisbedingten Angst

Die Beseitigung der erlebnisbedingten Angst erfolgt nicht etwa durch Ablenkungsversuche. Es wäre ein vergebliches Bemühen, dem von solcher Angst Befallenen durch Unterhaltung verschiedenster Art, Lektüre, Sport oder besondere Vergnügungen zu helfen. Durch diese Mittel lässt sich lediglich eine Verdrängung der Angst erreichen; sobald die Ablenkung aber nicht mehr wirksam ist, macht sich die Angst von neuem bemerkbar. Vielmehr muss die Ursache der Angst dem Kranken klargemacht werden, so dass er zur Überzeugung kommt, dass seine Angst nicht mehr begründet ist. Ist der Angst das Unerklärliche und Geheimnisvolle genommen, kann sie keine Wirkung mehr entfalten. Wenn dem Kranken das ursprüngliche Angsterlebnis nicht bewusst ist, gilt es durch eingehende Aussprachen (oder durch ein Beten um Offenbarung vonseiten Gottes) , das Erlebnis aufzudecken. Auf diese Weise kann der Kranke oft rasch von seiner Angst loskommen. Wenn aber trotz aller Aufklärung und Beruhigung die Angst bestehen bleibt, ist anzunehmen, dass diese mit einer angeborenen Ängstlichkeit oder abnorm starken Beeindruckbarkeit zusammenhängt. In diesem Falle wird sich der Kranke von der Furcht vor einem gleichen oder ähnlichen Angsterlebnis nur schwer freimachen können. Aus dem bislang Angeführten ist ersichtlich, dass bei der erlebnisbedingten Angst ggf. dem Neurologen oder dem Psychotherapeuten eventuell die Hauptaufgabe zufällt ... die konservative Seelsorge allein wird dann nicht genügen ... es sei denn, dass diese charismatischer Art (im Sinne von Offenbarungen Gottes über die eigentlichen Hintergründe im Seelenleben der Person) ist ... – Wollte ein Seelsorger in diesen Fällen lediglich rein schematisch vorgehen, so würde er einem Manne gleichen, der das Fieber bekämpfen wolle, ohne den Grund des Fiebers vorher gefunden zu haben. Darum vertraue dich einem gewissenhaften, gläubigen Fachmann an und berichte ihm in aller Offenheit über deine Angsterlebnisse aus früheren Jahren. Wenn Gott Seinen Segen dazu gibt, darfst du eine baldige Beseitigung deiner Angst erfahren. Bleibt sie jedoch trotz fachärztlicher Behandlung bestehen, kann die Betreuung durch einen charismatischen Seelsorger in der Art weiterhelfen, wie sie bei angeborener Ängstlichkeit angegeben wurde.

Die Angst infolge von Schwermut

Besonders quälend ist die Angst des Schwermütigen. Er bezeichnet sie nicht selten als die Hölle auf Erden. Seine Angst ist oft unbestimmter Art, d. h. er kann keinen Grund dafür angeben. In schweren Fällen kann die Krankheit mit wahnhaften Angstvorstellungen verbunden sein. So glaubt er z. B. fest an seine Unheilbarkeit. Er fürchtet, den Verstand zu verlieren, ins Irrenhaus gebracht zu werden, völlig zu verarmen, die Sünde wider den Heiligen Geist begangen zu haben, von Gott verlassen und ewig verloren zu sein. Seine Gefühlsarmut hält er für eine Strafe, seine
Unfähigkeit zur Arbeit für eine Willensschwäche. Er macht sich dauernd Vorwürfe über seine Verfehlungen, die aber als völlig unbegründet anzusehen sind. Dazu können noch erhebliche körperliche Ängste ihm zu schaffen machen. In den schlaflosen Stunden der Nacht plagt ihn die Angst vor dem Tage und am Tage die Angst vor der Nacht. Besonders in den Morgenstunden kann die Angst in quälender Stärke auftreten. Vielfach wird er von der Angst befallen, er könnte sich das Leben nehmen; oft aber ist der Drang zum Selbstmord noch größer als die Furcht vor dem Tode. Hierbei kann es sich um körperliche Störungen – aber ggf. auch um dämonische Einflussnahme handeln.

Ärztliche oder seelsorgerliche Behandlung?

Da die Angst des Schwermütigen auf einer körperlichen Störung beruhen kann, ggf. auch (fallbezogen!) real beruht, bedarf diese (im Akut-Fall) einer dringlichen, sachgemäßen, ärztlichen Behandlung, die vor allem in der Verabreichung von Psychopharmaka besteht – wobei das (wenn) lediglich eine Phase der Behandlung als solcher darstellen sollte. Eine eindringliche, seelsorgerliche Beeinflussung im Stadium großer Angst sollte tunlichst vermieden werden – sie kann im Gegenteil nur zur Verschlimmerung der Angst führen, da sich der Kranke außerstande sieht, den Ratschlägen und Ermahnungen des Seelsorgers nachzukommen. Erst wenn sich der Zustand des Schwermütigen gebessert hat und der Seelsorger dem Kranken Gelegenheit gibt, seine Ängste und vermeintliche Schuld auszusprechen, kann es dadurch dazu kommen, dass ihm das Evangelium (wieder) nahegebracht werden kann. Der Seelsorger muss sich jedoch der Tatsache bewusst sein, dass sein Helfenwollen, auf der Grundlage der Bibel, nicht sofort auf fruchtbaren Boden fällt. Denn, es ist die Tragik der Schwermut, dass der Kranke nicht nur der Versicherung, seine Schuldgedanken seien unbegründet, nicht glauben kann, sondern auch die durch Jesu Sühnopfer erfolgte Vergebung einer tatsächlichen Schuld nicht zu fassen vermag. Erst wenn die Krankheit (wobei es sich auch um Attacken/Anfechtungen aus der unsichtbaren, negativen Welt handeln kann!) im Abklingen begriffen ist, wird der Schwermütige einer, auf seine Nöte eingehenden, seelsorgerlichen Einwirkung, zugänglich. Dadurch kann ihm mehr als nur ein wertvoller Dienst erwiesen werden. Wenn sich daher die Schwermutängste plagen (oder du ggf. geplagt wirst!), brauchst du nicht ungeduldig oder hoffnungslos zu sein, sondern darfst glauben, dass die Tage der Qual ein Ende nehmen werden. Sieh doch deine Ängste als rein krankhaft an und starre nicht immer nur auf deine vermeintliche Schuld und auf diejenigen Worte der Bibel, aus denen du ein Verdammungsurteil entnimmst. Glaube vielmehr den Worten des Seelsorgers!!!, der dir die frohe Botschaft des Evangeliums verkündigt! Sie gilt auch dir – ja, gerade dir! Gott ist auch in der Zeit der Schwermut dein Vater – auch wenn du es nicht fühlen oder fassen kannst. ER ist dir ebenso nahe, wie in deinen gesunden Tagen, auch wenn ER dir ganz ferne erscheint. ER kennt deine Nöte und Anfechtungen, ER liebt dich und ist weit davon entfernt, dich zu verstoßen oder zu verdammen. Denke nicht, ER strafe dich für deine angeblichen Verfehlungen. ER lässt all das zu/hat dir ggf. dieses Kreuz auferlegt, weil es Sein heiliger Wille ist, und wird es dir wieder nehmen, wenn die Stunde der Befreiung/Gesundung gekommen ist – wie/wann auch immer. ER sieht aus deinen Selbstvorwürfen, dass du bußfertig bist. Deshalb kannst auch niemals die Sünde gegen den Heiligen Geist begangen haben. Vielmehr hat ER dir alle deine Schuld vergeben. ER weiß auch, dass deine Unfähigkeit, dich aufzuraffen, nicht von deiner Willensschwäche, sondern nur von der krankhaften Hemmung deines Willens herrührt und dass deine seelische Kälte nicht mit Verstocktheit, sondern mit einer krankhaften Blockierung deines Gefühlslebens zusammenhängt. Wie kostbar, dass in den verschiedensten Ängsten und Nöten, die den Menschen befallen, die Heilige Schrift Antwort und Trost für ihn bereit hat, indem sie ihm für jeden Tag des Jahres eine neue und doch immer wieder alte, herrliche Botschaft zuruft: „Fürchte dich nicht!“ Gott will ihm damit sagen, dass ER als der Lebendige allzeit und allüberall bei ihm ist als der, der um seine Angst weiß und das letzte Wort
über sie spricht. ER will uns inmitten aller Schwachheit und Angst Seine Kraft vermitteln durch den Zuruf: „Fürchte dich nicht, ich bin der Erste und der Letzte und der Lebendige!“ Offb.1:17-18.